Naturschutz und Forstwirtschaft - Kontrovers?

 Naturschutz und Forstwirtschaft - Kontrovers?

Sicher hat der Eine oder Andere auch schon in seinen Wäldern das Erlebnis gehabt: Man kommt an, sieht das Schild "Landschaftsschutzgebiet" und weiß, dass man sich hier respektvoll und zurückhaltend verhalten muß. Bei Naturschutzgebieten ist dies aller Wahrscheinlichkeit nach noch extremer.

Ein gesunder Menschenverstand weiß, dass er die Natur anständig und mit Respekt zu behandeln hat.

Anders sieht das in "Wirtschaftswäldern" aus. Diese werden grundsätzlich nur zum Zweck der Holzwirtschaft angelegt. Ab einer bestimmten Größe werden die Bäume gefällt und im folgenden Jahr wird in der Regel neu gepflanzt.

Dass man sich dieses Prozedere bei Landschaftsschutzgebieten und Naturschutzgebieten eigentlich nicht vorstellen kann, wird auch jedem klar sein, denn wozu diese Deklarierung, wenn es nicht angewendet wird?

Uns Pilzsammlern wird immer vor Augenschein gebracht, dass wir den Wald nicht über Gebühr ausbeuten sollen und Pilzarten, die unter Naturschutz stehen, wie z.B. Steinpilz und Pfifferling, nur für den Eigenbedarf sammeln dürfen.

Apropopos unter "Naturschutz stehend": Wenn eine unter Naturschutz stehende Tierart , welche auch immer, durch z.B. Autobahnbau bedroht ist, stehen die Umweltschützer auf dem Plan und versuchen alles, dass der Bau verboten wird. Wo sind diese Umweltschützer, wenn durch massiven Holzschlag die naturgeschützten Pilzarten verschwinden?

In unserem "Landschaftsschutzgebiet" ist in den vergangen 5 Jahren so oft der Baumbestand reduziert worden, dass der Pfifferling, früher noch ab und zu anzutreffen gewesen, nunmehr durch große, freie Flächen und dadurch zu starker Austrocknung durch Sonne und Wind ausgesetzt, vollständig verschwunden ist.

Der "Schwarzhütige" Steinpilz ist in der norddeutschen Region ein so seltener Vertreter, dass er grundsätzlich geschont werden müßte. Leider ist aber nicht jeder Sammler so erfahren, dass er den Unterschied zum gewöhnlichen Steinpilz auf Anhieb erkennt. Auch hier wurde durch teilweise radikalen Holzschlag mancher noch vor Jahren gute Bestand auf null reduziert.

Einige Beispielbilder für extremen Holzschlag in einem Landschaftsschutzgebiet:

 

Nur noch vereinzelte Bäumchen ließ man stehen, doch durch die weit einsehbaren, freien Flächen wird einerseits der verstärkte Wuchs von Unkraut begünstigt, andererseits durch hohe Sonneneinstrahlung und deutlich stärker auftretenden Wind der Boden über Gebühr ausgetrocknet.

Dass Astwerk im Wald zu verbleiben hat, dient der Versorgung des Waldbodens. Doch wenn Äste von der Dicke eines Armes oder Beines so liegenbleiben, braucht der Wald viele Jahre, um sie zu verrotten. Doch kleiner schneiden kostet schließlich Geld und das will der Forstwirt nicht ausgeben.

Übrigens standen an dieser Stelle über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren immer schöne Steinpilze und auch Hexenröhrlinge. In 2011 nach dem Kahlschlag standen hier so gut wie keine Pilze mehr...

Hier wurde gezielt ein mächtiger Baum zu Fall gebracht, allerdings hatte niemand Rücksicht auf die zahlreichen, jungen Buchen genommen. Sie vielen kurzerhand der Entastung zum Opfer. Ein Jahr zuvor standen die Jungbuchen hier in einer Höhe von 1,5 - 2 Metern. Auch herrliche Steinpilze hatten sich hier versteckt. Nun kamen sie nicht mehr zum Vorschein. Der Boden war hart und knochentrocken.

Teilweise wurden auch Bäume gefällt, die keinen Nutzen für die Holzwirtschaft haben. Hier eine Lärche, weil sie wohl im Weg stand. Das solche als ganze Bäume eine Ewigkeit zum Verrotten brauchen, interessiert niemanden. Auch die an diesen Baum in Symbiose gekoppelten Goldröhrlinge werden in der Zukunft nicht mehr erscheinen.

Auch hier entstand eine große, "freie" Fläche, die die Austrocknung des Waldbodens begünstigt. Außerdem haben die Herbst- und Winterstürme wesentlich verbesserte Angriffsflächen, denn die Jungbuchen und -eichen werden wohl noch dreißig bis vierzig Jahre brauchen, um hier einigermaßen Schutz zu bieten.

Noch vor einem Jahr waren hier große, schattige Flächen, an denen sich große Flächen Moos ausgebreitet hatten. Davon war allerdings ein Jahr später nichts mehr zu sehen. Von Steinpilzen keine Spur mehr... Und das, obwohl sie unter Naturschutz stehen...

 

Einerseits wird dem Pilzsammler gesagt, er möge doch vorsichtig den Steinpilz aus dem Boden drehen, damit das darunter liegende Myzel nicht beschädigt wird oder gar austrocknet. Doch für den nächsten Kahlschlag wurde erstmal der Boden mit Traktor und Großfräse aufs Übelste bearbeitet, damit die Holzfäller mit ihren großen Maschinen leicht an die Stätte ihres Werkes kommen können.

 

An dieser Stelle hat es, in den über zehn Jahren Pilzbegehung meinerseits, noch nie einen Weg gegeben. Wer sich mit den Großfräsen von Traktoren auskennt, weiß, dass die scharfen Messer etwa 20 - 40 cm tief in den Boden hacken und nichts unbeschädigt lassen.

Wenn man so etwas in Natura sieht, zweifelt man an der Glaubwürdigkeit von Landschaftsschutzgebieten.

Solche Schneisen wurden in Massen produziert. Wer weiß, wie es hier dann im Frühjahr aussieht....

Auch hier wuchsen einmal naturgeschützte Steinpilze...

Irgendetwas muß bei unserer Gesetzgebung falsch sein, oder es wird so ausgelegt, dass der Spaziergänger, würde er so etwas hinterlassen, mit einem saftigen Bußgeld belegt wird, ein Forstwirt oder sein Beauftragter darf das...

Diese Pilzstelle, hier wuchsen Königsröhrlinge, wurde ebenfalls zerstört.

Es ist unvorstellbar, welcher Schaden hier jedes Jahr in einem Landschaftsschutzgebiet nur wegen Abholzung verursacht wird. Das hat mit Pflege nichts zu tun, hier regiert einzig und allein der Mammon. Buchen und Eichen bringen auf dem Holzmarkt gute Preise.

 

In einer anderen Stelle, auch als Landschaftsschutzgebiet deklariert, fand ich im Frühjahr 2013 ebenfalls einen Kahlschlag. Naturgeschützte Pfifferlinge wuchsen hier einmal. Dass sich durch solch massiven Kahlschlag das dortige Klima ändert, muß jedem Laien schon klar werden.

Die Sonne kann diesen Bereich nun ungehindert den ganzen Tag bestrahlen, was zu massiver Austrochnung des Waldbodens an dieser Stelle führt. Ausserdem wird ein Nachwachsen des Baumbestands hier durch Fehlen von Jungbäumen wesentlich länger als üblich andauern.

Schwere Schäden verursachte auch die mit Ketten ausgerüstete Erntemaschine. Hier fand ich noch vor einem Jahr die schönsten Pfifferlinge, nun ist es hier vorbei. Auch Sommersteinpilze, die bekanntlich in Symbiose mit den Bäumen leben, werden hier nicht mehr durch ihre Partner versorgt. Sie werden vielleicht dieses Jahr noch ein letztes Mal auftauchen, um Ihre Sporen auszubringen, danach sind sie hier für eine lange Zeit verschwunden.

Was allerdings das Fass überlaufen läßt, sind solche Bilder der Verschwendung. Eine Buche, wahrscheinlich stand sie der Maschine im Weg, wurde gefällt und liegen gelassen. Ich habe mir den Baum aus der Nähe betrachtet und fand keinerlei Fehler am Baum, außer dass er zu jung und vom Umfang zu gering sein könnte.

Nach dem Motto, steht im Weg und bringt kein Geld! Dieser Förster gehört entlassen!!!

Noch etwas, ich bin kein Grüner, aber diese Art der Verschwendung und Gesetzesaufweichung bringt mich glatt dazu, einer zu werden.

2020!

Nachdem der Borkenkäfer in den letzten 2 Jahren die Fichtenbestände dezimiert hat, scheint die Forstwirtschaft dies zum Grund zu machen, endlich auch in Naturschutzgebieten zuschlagen zu können.Besonders gefährdet: Gebiete mit Waldameisenburgen.

Deutlich sind die Markierungen an den beistehenden Bäumen zu erkennen, die bedeuten, dass auch alle unmittelbaren Bäume gefällt werden.





Insgesamt sind auf einer Strecke von 100 Metern 4 Ameisenhügel durch den Raubbau an Nadelholz gefährdet.

Und auch das ist Sarkasmus pur:


Für den Wanderer hervorgehoben.


Wann wird euch Politikern und Beamten endlich bewusst, was ihr hier aus Profitgier der Umwelt antut?


Apropos Ameisenhügel ... so sah deren Umgebung ein paar Wochen später aus:

Übrigens, im Jahr 2021 waren die Hügel dann gänzlich verschwunden. Wodurch auch immer ...

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